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Das Dinghi

Das Dinghi. Ein kleines Boot, das nicht zu unterschätzen ist.

Die Verwendung des Dinghis wirft einige Sicherheitsfragen auf, die ich so umfassend wie möglich erörtern möchte. Ich habe mich bewusst auf die kleinen Beiboote beschränkt, die wir auf CCS- und Charteryachten vorfinden. Superyachten haben oft vollwertige Motorboote mit allen dazugehörigen Ausrüstungsgegenständen als «Dinghis» mit dabei…

Die gängigsten Dinghis sind kleine Schlauchboote und Festrumpf-Schlauchboote. Sie sind einfach im Handling, da man insbesondere im Falle eines Sturzes über Bord leichter wieder hineinklettern kann, sie sind stabil und das Freibord liegt nicht zu hoch. Doch die Sicherheit beginnt schon, bevor das Dinghi im Wasser ist: vor allem bei Club- und Charteryachten. Die erste Frage, die man sich stellen muss: Ist das Beiboot einsatzbereit und in einem gutem Zustand? Man kann das beispielsweise herausfinden, indem man das Dinghi aufpumpt – und auf ein Bier geht. Wenn bei der Rückkehr der Druck im Boot immer noch hält, ist alles in Ordnung – und man weiss auch gleich, wie lange es dauert, das Dinghi aufzupumpen.

An Bord mit dabei

Die nächste Frage, die man sich stellen muss: Wie soll das Dinghi transportiert werden? Wer nur Häfen anlaufen will, kann es zusammengefaltet und im Sack verstaut lassen. Ansonsten denke ich, dass der beste Platz für das Beiboot auf dem Vorderdeck ist, umgedreht und angeschnallt, da es dort normalerweise am wenigsten stört. Schleppen Sie es möglichst nicht ab, denn es wird früher oder später umkippen, was zu einem Motorschaden und dem Verlust von Material führen kann. In diesem Zusammenhang habe ich eine kleine Anekdote: Ein Charterboot, das sein Dinghi schleppte, bereitete sich darauf vor, rückwärts an einem Kai anzulegen, mit Buganker. Ein Crewmitglied achtete darauf, dass die Leine des Beibootes nicht in die Schraube geriet, indem er es zur Seite schob. Auf den Befehl, den Anker zu setzen, tat das Besatzungsmitglied dies und liess die Kette aus. Das Pech war, dass die Leine des Beibootes genau die Länge des Bootes hatte, so dass der Anker mit einigen Dutzend Metern Kette im Beiboot ausgelegt wurde…


 

Kommen wir nun zur Bestückung des Dinghis im Gebrauchsfall. Sobald das Beiboot zu Wasser gelassen wurde, hängen Sie den Aussenbordmotor an, legen die Ruder – am besten festgebunden – ins Boot und nehmen den Anker – ausgestattet mit einer zehn Meter langen Kette und einer etwa zehn Meter langen Leine – an Bord. Zudem einen Schöpfeimer, eine Pumpe, einen Reservekanister Benzin und schliesslich Ihren vorbereiteten wasserdichten Beutel mit der Ausrüstung, die für die Fahrt unerlässlich ist. Wenn Sie weit hinaus in ein wenig besuchtes Gebiet fahren, scheinen mir ein Reparaturset und die zwei oder drei grundlegenden Werkzeuge für den Motor, ein VHF, ein GPS und eine Notsignalrakete das Minimum zu sein, das Sie auch noch mitführen. Auch ein dreifarbiges Navigationslicht, in einigen Ländern vorgeschrieben, und eine Stirnlampe, die bei einer nächtlichen Heimfahrt unerlässlich ist, sollten an Bord sein. Nehmen Sie auf jeden Fall eine Diebstahlsicherung mit, denn ein Beiboot ist ein beliebtes Objekt für Langfinger. Nun sind die Benutzer und Benutzerinnen des Dinghis an der Reihe. Ich halte es für selbstverständlich, dass Kleidung und Ausrüstung an den jeweiligen Ort angepasst werden. Ob im Juni an einem Ankerplatz in Schottland oder im Juli in einem Yachthafen auf Korsika – die Bedingungen sind natürlich nicht dieselben. Ölzeug, Stiefel und Schwimmweste im ersten Fall, sommerliche Kleidung, Kopfbedeckung und Schuhe im zweiten Fall. Ein wasserdichter Beutel mit persönlichen Gegenständen wie Handy, Tablet, Fotoapparat, Fernglas, etc. gehört auch dazu.

Sicher unterwegs

Gut, alles ist bereit, los gehts! Wirklich? Langsam, nichts überstürzen: Haben Sie die Situation analysiert? Besteht eine unmittelbare Gefahr? Ein Regenschauer, eine starke Windböe, eine Nebelwand, eine Brandung, die auf eine Untiefe oder den Strand schwappt? Wenn Sie für einen Ausflug an Land bleiben, wo können Sie das Dinghi festmachen? Welche Alternativen gibt es, wenn sich die Bedingungen ändern? Es gibt immer noch die Möglichkeit, es wie die Milliardäre zu machen: die Crew an Land lassen und das Dinghi zur Yacht bringen.

Kommen wir nun zur Sicherheit während der Fahrt. Die Besatzungsmitglieder steigen nacheinander in das Beiboot, nehmen sofort Platz und bleiben sitzen. Sie stecken ihre Füsse unter die Gurte, wenn das Beiboot mit solchen ausgestattet ist. Fahren Sie nicht mit einem überladenen Dinghi, machen Sie lieber eine Extrafahrt, das ist sicherer und bequemer. Das Crewmitglied, das den Aussenborder bedient, muss unbedingt und unter allen Umständen die Notstopp-Leine anlegen. Ich denke, das nicht zu tun, ist der schlimmste und am weitesten verbreitete Fehler. Wenn man allein ist und über Bord geschleudert wird, können das Dinghi und dessen Motor Schaden anrichten und Verletzungen verursachen, egal ob an einem Ankerplatz oder in einem Hafen. Letzter Hinweis: Fahren Sie nie mit einem in der untersten Position verriegelten Aussenborder. So vermeiden Sie Schäden, wenn der Motor auf Grund läuft oder auf ein Hindernis, einen Felsen oder eine Koralle trifft.

Der richtige Anlegeplatz

Wir sind am Ziel angekommen, hurra, keine ungelösten Probleme mehr! Oder? Täuschen Sie sich nicht, denn Sie müssen noch einen sicheren Platz für das Dinghi finden! An einem Strand sollten Sie es möglichst so weit oben platzieren, dass es nicht von den Wellen oder der Flut weggeschwemmt wird. In Yachthäfen finden Sie in der Regel einen Steg, der für Beiboote vorgesehen ist, das hilft enorm. In Häfen mit verrotteten Molen und mit Nägeln gespickten Stegen ist es schwieriger, den richtigen Platz zu finden. Bei meinem Zwischenstopp auf der Insel Niue gab es zum Beispiel einen Kran, der für die Beiboote reserviert war. Denn bei einem Wellengang von drei Metern, der direkt auf die Mole zukommt, wäre jedes Beiboot sehr schnell zerstört worden.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass aufblasbare Dinghis sicher sind und verlässliche Hilfen für Transport, Versorgung, Ausflüge, Tauchen und vieles mehr. Aber es gibt auch eine Kehrseite: Damit das Dinghi Sie nicht im Stich lässt, sollten Sie es gut pflegen. Denken Sie immer daran, dass ein Beiboot heikel ist und den Abrieb im Sand nicht verträgt, ebenso wenig wie die Nägel der Stege oder die Armierungseisen der Molen. Denken Sie daran, dass Sie die Rückkehr zur Yacht immer planen müssen und in Betracht ziehen, dass sich bis dahin die Wetterbedingungen oder der Zustand des Meeres vielleicht geändert hat. Auch das Auffinden des Ankerplatzes kann ein Problem sein, etwa bei Nebel oder in der Nacht. Daher ist es wichtig, dass Sie ein voll funktionsfähiges Dinghi haben, das über die notwendige Ausrüstung verfügt, um Sie sicher zu Ihrem Boot zurückzubringen. Sie sind der Architekt oder die Architektin Ihrer Sicherheit.

Frédy Haller